Sonntag, 17. April 2011

Let's play a game

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine Postkarte. Auf dem Bild sehen Sie Wasser. Die Nachricht stammt von einer anonymen Person, die Sie um Hilfe bittet. Der einzige Hinweis ist der Link zu einem YouTube Video. Sie besuchen diese Seite und schon sind Sie mittendrin – in einem Spiel. Einem Spiel, in dem knifflige Rätsel auf Sie warten und dessen eigentliches Ziel die Vermarktung eines Produkts ist.

Ein Alternat Reality Game, kurz ARG, macht diese Kombination möglich. Der Einstieg in das Spiel erfolgt durch ein Rabbithole. Wie das Kaninchen in Alice in Wonderland lotsen verschiedene Medien die SpielerInnen in den Anfang der Story hinein. Diese Medien finden sich einerseits in der Realität – z.B. eine Postkarte, Flaschenpost oder ein Brief, der irgendwo versteckt ist – und andererseits im Internet – z.B. Twitter, Facebook, Blogs, YouTube. Die Rätsel, die die SpielerInnen erwarten, sind alleine meist nicht lösbar und rasch entwickelt sich eine Community, die gemeinsam auf Hinweissuche geht und die Rätsel löst. Das Leitmotiv von ARGs ist „This is not a game!“ Das bedeutet, dass die Grenze zwischen Realität und Fiktionalität – das heißt die zwischen dem realen Leben der SpielerInnen und der fiktionalen Story - fließend ist und bewusst vermischt wird.
Die wesentliche Figur in diesem Spiel ist der Puppet Master, die/der im Hintergrund agiert und die Fäden in der Hand hält. Sie/Er hat zumeist das Spiel mit all seinen Rätseln konzipiert und hat die Aufgabe die Teilnahme zu überwachen und gegebenenfalls in die richtige Richtung zu lenken. Da die Rätsel einen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad haben und im Vorhinein nicht festgestellt werden kann wie die Community auf das Spiel reagiert, muss der Puppet Master immer ein Auge auf die TeilnehmerInnen haben.

ARGs sind vor allem im angloamerikanischen Raum schon recht bekannt. Bekannte Firmen wie Audi und McDonalds haben diese neue Form des Marketings bereits eingesetzt. In Österreich fand 2009 das erste ARG statt, „The Vienna Project – The Vanished Agent“. Dieses diente jedoch nicht vorrangig zur Vermarktung eines Produkts oder einer Firma.
Für Marketing-Zwecke hat es zum ersten Mal Absolvent des Studiengangs Kommunikationsmanagement Mag.(FH) Richard Pyrker eingesetzt. Gemeinsam mit Andreas Wochenalt, MA von Demner, Merlicek & Bergmann hat Richard Pyrker das ARG „DasBuch2011“ konzipiert, hinter dem die Mineralwassermarke Vöslauer steckt. Ziel und damit Höhepunkt des ARG war die Premiere des neuen Vöslauer-Films. Die Rahmenhandlung des Spiels baute auf den Film auf, der von einer jungen Autorin erzählt, die eine Kabane im Thermalbad Vöslau bezieht um ein Buch zu schreiben. Während ihres Aufenthalts begegnet die Autorin einer jungen Frau, die auch auf jahrzehntealten Fotos zu sehen ist. Diese Frau scheint scheinbar nicht zu altern – wer jung bleiben will, muss früh damit anfangen und dazu Vöslauer trinken. Hintergrundinfos zu dem Spiel, nähere Infos zur Kampagne an sich, Rückmeldungen der SpielerInnen und Infos zu ARGs finden sich auf der offiziellen Seite des Puppet Masters.

Insgesamt 166 Likes (Stand: 21.04.2011) hat die Page auf Facebook erreicht, unzählige Twitter Meldungen wurden zu dieser kreativen Marketingkampagne geschrieben. Vöslauer-Marketingleiterin Birgit Aichinger spricht im Café Puls Interview davon, wie wichtig es ist KundInnen zu involvieren und freut sich begeistert, dass „die Leute sehr leidenschaftlich mit dabei“ waren. „Eine verspielte Marketing-Kampagne der etwas anderen Art“ nennt es Franz Zeller in der Ö1 Sendung Digital.Leben.
Mit großem Enthusiasmus könnten ARGs als ein Zukunftsmodell des modernen Marketing gesehen werden. Besonders die Einbindung von Social Medial in Kombination mit der Herausbildung einer Community scheint zielführend zu sein – vorausgesetzt diese Community greift zur Gehirnerfrischung nach einem schweren Rätsel nicht zu einer Römerquelle Flasche. Diese Problematik sieht Richard Pyrker jedoch nicht. In Einzelinterwies, so der Puppet Master, zeigen sich die TeilnehmerInnen begeistert über das Spiel und die dahinter stehende Marke Vöslauer. Besonders der „Word-of-Mouth“-Effekt kommt bei dieser Form des Marketings wesentlich zu tragen. Die SpielerInnen erzählen gerne von ihren Erlebnissen und tragen so die Kampagne in ihr näheres Umfeld. Da, wie bei nahezu jedem Spiel, der Gewinn oder die große Belohnung am Schluss einen wesentlichen Aspekt ausmacht, wird nicht nur über das Spiel an sich berichtet, sondern auch über den Vöslauer-Film. Die Marke schwingt also bei jeder Erzählung weiter mit. Richard Pyrker meint dazu: „Dem Kunden Vöslauer konnten wir einen sehr umfassenden Report mit zahllosen Social Media-Clippings, Online-Statistiken und Presseberichten vorlegen.“
Auffallend ist, dass die Kampagne an sich sehr viel Resonanz erhält. Die neue Form, die in Österreich bis dato relativ unbekannt war, interessiert nicht nur Marketing- und Kommunikationsmenschen, sondern auch ein breites Publikum. Dass dieses Spiel einer Marketing-Kampagne dient, wird meist nur beiläufig erwähnt. Die Marke schwingt zwar wie bei den „Word-of-Mouth“ Erzählungen mit, spannend ist aber nur die Community mit ihren Spielerfolgen. Dies war auch das Hauptziel des ARG. Doch was macht Vöslauer jetzt mit dieser Community? Das Potential diese Community noch stärker an die Marke zu binden wäre durchaus vorhanden. Durch die hohe Awareness könnte eine noch breite Community entstehen, da viele Menschen auf das Spiel neugierig gemacht worden sind. Die Frage ist nur, ob Vöslauer auch dieses Potential erkannt hat, oder ob sich die Marketingverantwortlichen nun mit den Clippings im Thermalbad Vöslau zurückziehen und an ihrer ewigen Jugend arbeiten.

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